Ingrid Frank
Rechtsanwältin
Erbrecht & Familienrecht

Pflichtteilsrecht

Hat der Erblasser eine letztwillige Verfügung hinterlassen, so dürfen dadurch seine nächsten Angehörigen nicht ganz leer ausgehen. Ein im Testament oder Erbvertrag übergangener gesetzlicher Erbe hat deshalb einen Anspruch darauf, von dem hinterlassenen Vermögen wenigstens einen Teil in Geld zu erhalten. Diesen Anspruch nennt man den Pflichtteil.

Pflichtteilsberechtigt sind allerdings nur die nächsten Familienangehörigen des Erblassers: seine Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel und so weiter), sein überlebender Ehegatte und, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, auch seine Eltern. Auch das adoptierte Kind und der überlebende Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft gehören zu den Pflichtteilsberechtigten, wenn sie durch eine letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen wurden.

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch, der sich gegen die Erben des Verstorbenen richtet. Einen Anspruch darauf, dass ihm ein Teil der Nachlassgegenstände überlassen wird, hat der Pflichtteilsberechtigte also nicht. Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Selbstverständlich kann, wer pflichtteilsberechtigt ist, auf seinen Pflichtteil auch verzichten, und zwar einfach dadurch, dass er den Pflichtteilsanspruch nicht geltend macht. In aller Regel verzichtet der Pflichtteilsberechtigte aber durch eine vertragliche Regelung noch zu Lebzeiten des künftigen Erblassers, und zwar entweder gegen eine Abfindung oder weil der Erblasser oder die Erblasserin dem oder der Verzichtenden dafür Vorteile im Testament oder Erbvertrag einräumt. Wollen beispielsweise Eltern sicherstellen, dass nach dem Tod des einen Ehepartners das Vermögen dem anderen Partner verbleibt und die Kinder ihren Pflichtteilsanspruch nicht geltend machen, so können sie durch letztwillige Verfügung bestimmen, dass das Kind, das den Pflichtteil beansprucht, nach dem Tod auch des zweiten Ehegatten Vermögensnachteile in Kauf nehmen muss.